Zu den Vorzügen des Vereinslebens zählen gemeinsame Teilnahmen an Laufveranstaltungen. Am vergangenen Wochenende war die Anreise etwas weiter als sonst, befand sich ein sechsköpfiges Team des LC Wolkersdorf doch nicht etwa auf dem Weg nach Spannberg, Rabensburg oder Dürnkrut, sondern zum Wings For Life Run in Zadar. Die kroatische Küstenstadt war einer von zwölf nicht-virtuellen Austragungsorten des internationalen Laufsportevents eines österreichischen Brauseherstellers.
Angepeitscht von einem stimmkräftigen, alternden kroatischen Entertainer fanden sich etwas mehr als 9000 Starter und Starterinnen direkt zwischen mittelalterlicher Stadtmauer und Bucht ein. Für den zusätzlichen Adrenalinschub sorgte der zweimalige Tiefflug einer kroatischen Kunstflugstaffel über den Hafen. Entgegen der Wetterprognosen kämpfte sich die dalmatinische Sonne rechtzeitig zum Startschuss durch die Wolken und brannte unbarmherzig auf unsere Köpfe, als der Startschuss ertönte und wir uns auf den langen Weg in Richtung Südosten machten. Tückisch ist am Rennmodus der Wings For Life Runs, dass ein höheres Renntempo unweigerlich zu einer Verlängerung der zu absolvierenden Distanz führt, da es kein fest definiertes Ziel gibt, sondern das Rennen individuell für jeden Teilnehmer dann beendet ist, wenn man vom sogenannten Catcher Car überholt wird. Dieses beginnt einige Zeit nach dem Startschuss zunächst gemächlich, dann immer schneller das Feld von hinten aufzurollen. Im Vorbeifahren wird die Zeitnehmung beendet, und die Teilnehmer per Bus zurück zum Startbereich kutschiert.
Trotz mehr oder weniger strenger Kontrollen zur Einhaltung der zugeordneten Startblöcke mussten wir uns die ersten Kilometer durch die Läufermassen kämpfen, ehe das Feld beim Verlassen der Stadt und Einbiegen auf die Küstenstraße allmählich lichter wurde. Hier begann der kräftige Nordostwind – die berühmte Bora – seitlich und manchmal auch frontal anzugreifen. Hätten wir die vom Brausehersteller versprochenen Flügel erhalten, wären wir an dieser Stelle abgehoben. Die folgenden Kilometer liefen wir bodengebunden abwechselnd durch Gewerbegebiete, die mediterrane Küstenlandschaft und ein paar Ortschaften. In letzteren fanden sich immer wieder zahlreiche Zuschauer, die teilweise auch eigene, improvisierte Verpflegungsstellen für uns Läufer aufgebaut hatten. Nach den ersten zehn Kilometern verfinsterte sich der Himmel allmählich, es sollte aber noch einige Zeit dauern, bis die ersten der angesagten Regenschauer eintrafen. Derweil wurde mit Flo auch der erste unserer Läufer vom Catcher Car eingefangen, während Johannes und Michi jeweils respektable rund 20 Kilometer liefen. Für unsere restlichen Läufer wurde es entlang der Strecke immer ländlicher, die Labstationen seltener und kleiner, und auch die Anzahl der noch im Bewerb verbliebenen nahm ab. Alexander und Stefan finalisierten Hand in Hand mit 30,5 Kilometer in den Beinen, nachdem Alexander unter Ausnutzung aller vorhandenen Energiereserven den zwischenzeitlichen zweiminütigen Rückstand auf Stefan noch gutmachen konnte. Zuletzt wurde Vinzent knapp 40 Kilometer nach dem Start eingeholt, glücklicherweise nahe einer Labstation, wodurch erste Kohlenhydratentzugserscheinungen rasch gelindert werden konnten. Zu diesem Zeitpunkt lief einige Kilometer entfernt der spätere Sieger des Bewerbs in Zadar, der es auf dem besonders zum Ende hin sehr welligen Kurs auf 56 Kilometer brachte.
Knappe zwei Stunden, nachdem der Lauf für alle vorbei war, setzte kräftiger Gewitterregen ein. Der konnte uns glücklicherweise einigermaßen egal sein: Wir konnten ihm aus dem Inneren einer Vorstadtpizzeria lauschen, in der wir das üppige Abendmahl zu uns nahmen. Unser Energiedefizit war nach diesem anstrengenden Tag nicht leicht zu stillen. Zu sechst war Treibstoff für insgesamt 151,67 Kilometer nachzutanken.